Mittwoch, 12. November 2014

Deutsches Lied (Text: Kurt Tucholsky, 1923) - Christoph Holzhöfer

Deutsches Lied

Blasse Kinder auf dem Hof
(Nebenstraße – Westen)
machen einen kleinen Schwof
neben Müllschuttkästen.
Käse-Teint und bleicher Schopf.
Dürftiges Grün im Blumentopf
auf zwei Fensterbrettern.
Und die Stimmchen klettern:
»Kaserne! Kaserne!
Sonne, Mond und Sterne!
Achtung! Richtung! Vordermann!
Du – bist – dran –!«

Tief geduckt im Ziegelbau
hinter wuchtigen Laden
sitzen krumm, in Kitteln blau,
unsre Kameraden.
Staatsanwalt, der schikaniert,
Wärter, der sie malträtiert.
Ihre Stimmen leiern
in Preußen und in Bayern:
»Kaserne! Kaserne!
Sonne, Mond und Sterne!
Achtung! Richtung! Vordermann!
Du – bist – dran –!«

Deutscher Gram und deutsches Leid.
Ämter ohne Ende.
Wucher, den ein Staat gefeit,
und immer graue Wände.
Wir sind schuld. Ein Schrei, der gellt.
Aber draußen liegt die Welt.
Wir sind ganz alleine.
Und hören nur dies eine.
»Kaserne! Kaserne!
Sonne, Mond und Sterne!
Achtung! Richtung! Vordermann!
Du – bist – dran –!«

Theobald Tiger
Die Weltbühne, 18.10.1923, Nr. 42, S. 381.

http://youtu.be/TJz9MKLUkes

Montag, 10. November 2014

Lorbeeren der herrschenden Klasse (Tex: Kurt Tucholsky, 1926) - Christoph Holzhöfer

Kurt Tucholsky: Lorbeeren der herrschenden Klasse
für Max Hoelz –

Du sitzt für uns alle.
Unerschütterlich.
Wir gedenken deiner. Wir grüßen dich.
Als es aus war, hast du deinen Kopf hingehalten.
Gegen die Presse, die Bürger, die Polizei – gegen alle Gewalten.

Als es aus war, hast du vor Gericht gestanden.
Als ein Mann!
Alle Paragraphen wurden zuschanden.
Der Richter funkelte – weiß vor ohnmächtiger Wut
Du sahst ihn nur an wie der Hauptmann den dummen Rekrut.

Der Richter kreischte und schimpfte unflätig – gemein.
Da standest du auf! Und spieest der Justiz mitten in ihr Gesicht hinein!
„Wer seid ihr?“ Und: „Ich erkenne dies Gereicht nicht an!“
Und: „Was könnt ihr mir schon - ?“
Die zappelnden Talare übertönte dein Ruf:
„Es lebe die Weltrevolution - !“

Jetzt sitzt du im Zuchthaus.
In der Hand von Gefängniswärtern und Direktoren.
Du wirst schikaniert, geschlagen, gequält ...
Du hast den Mut nicht verloren.
Tausende sitzen wie du. Tapfer, ohne zu klagen, stumm.
Opfer der Richter. Wer kümmert sich drum - ?

Wer -?
Wenn wo Proletarier zusammenstehn
Wenn sie deinen Namen hören, dein Bildnis sehn –
Dann wird es ganz still. Die Köpfe neigen sich.
Du sitzt für sie alle.
Sie geloben Rache. Schweigen ...
Und grüßen dich.

Aus: Die Rote Fahne, 23.Juni 1926

Hier noch ein sehr interessanter Beitrag über Max Hölz:
http://www.nikolaus-brauns.de/Max_Hoelz_RHZ.htm

http://youtu.be/XRtQzKYlhKI

Donnerstag, 6. November 2014

Solidarität für immer (nur gemeinsam sind wir stark) - Christoph Holzhöfer

Solidarität für immer (nur gemeinsam sind wir stark)

Solidarität für immer
Solidarität für immer
Solidarität für immer
Nur gemeinsam sind wir stark

Wenn der Einheits-Gedanke
Durch das Arbeiter-Blut fließt
Dann ist da keine Macht auf Erden
Die größer ist als sie
Alleine bist du schwach & hilflos
Gemeinsam sind wir stark
Ja ! Nur gemeinsam sind wir stark

Solidarität für immer
Solidarität für immer
Solidarität für immer
Nur gemeinsam sind wir stark

Haben wir denn irgendwas gemein
Mit den gierigen Parasiten
Wer würd' uns in die Leibeigenschaft peitschen
Uns mit seiner Macht besiegen ...
Da müssen wir zusammen stehen
Für unsere Sache kämpfen
Denn nur gemeinsam sind wir stark

Solidarität für immer
Solidarität für immer
Solidarität für immer
Nur gemeinsam sind wir stark

Wir bauen doch die Straßen
& die Autos die drauf fahren
Die Städte, die Fabriken
Die Schiffe & die Eisenbahn
Wir schuften jeden Tag dafür
Dass alles funktioniert
Nur gemeinsam sind wir stark

Solidarität für immer
Solidarität für immer
Solidarität für immer
Nur gemeinsam sind wir stark

Die Welt, die faulen Drohnen gehört
Ist unsre & unsre allein
Wir legten die Fundamente
& bauten sie Stein auf Stein
Ja diese Welt ist unser
Wir wollen keinem hörig sein
Nur gemeinsam sind wir stark

Solidarität für immer
Solidarität für immer
Solidarität für immer
Nur gemeinsam sind wir stark

Sie sind unendlich reich geworden
Ohne dafür zu schuften
Doch alle Räder ständen still
Ohne unsere Gehirne & Muskeln
Wir können ihre hochmütige Macht brechen
Unsere Freiheit gewinnen, wenn wir einsehen
Nur gemeinsam sind wir stark

Solidarität für immer
Solidarität für immer
Solidarität für immer
Nur gemeinsam sind wir stark

In unseren Händen da ist eine Macht
Größer als ihr gehortetes Geld
Größer als die Macht der Armeen
Da ist die größte Macht der Welt
Wir können eine neue Welt aufbauen
Aus der Asche dieser alten
Nur gemeinsam sind wir stark

Solidarität für immer
Solidarität für immer
Solidarität für immer
Nur gemeinsam sind wir stark

Nach "Solidarity Forever", written by Ralph Chaplin in 1915
Tune: John Brown's Body (aka Battle Hymn of the Republic)

"In the pantheon of American labor history there is a very special place for Ralph Chaplin, the man and his work. As the poet laureate of the Industrial Workers of the World (IWW), he is probably remembered best for giving organized labor its fighting them song, Solidarity Forever."
--Bruce Le Roy

http://youtu.be/qH1WeZVBYHw

Mittwoch, 5. November 2014

Und wenn du wegsiehst, geht´s dir dann besser (Text: Volker Hans-Werner) - Christoph Holzhöfer

und wenn du wegsiehst, geht´s dir dann besser?
ich frage dich, was siehst du dann?
keine armut? kein hunger? kein krieg?
sag´s mir was du siehst.
ja, ich habe dich gemeint, du, der da vor der wahrheit flieht.
geht`s dir besser wenn du deine augen verschließt?
geht`s dir besser wenn du das nicht mehr siehst?

und wenn du nicht´s riechst, geht´s dir dann besser?
ich frage dich, was riechst du dann?
kein gestank, keine fäulnis und keinen mief?
sag´s mir was du riechst.
ja, ich habe dich gemeint, du, der vor der wahrheit flieht.
geht´s dir besser wenn du deine nase verschließt?
geht´s dir besser wenn du das nicht mehr riechst?

und wenn du weghörst, geht´s dir dann besser?
ich frage dich, was hörst du dann?
kein klagen? kein wimmern? kein schreien?
sag´s mir was du hörst.
ja, ich habe dich gemeint, du, der da vor der wahrheit flieht.
geht´s dir besser wenn du deine ohren verschließt?
geht´s dir besser wenn dich stille umschließt?

und wenn du ´s maul hälst, geht´s dir dann besser?
ich frage dich, was sprichst du dann?
keine worte, keine gesang, kein gedicht?
sag´s mir was du sprichst.
ja, ich habe dich gemeint, du der vor der wahrheit flieht.
geht´s dir besser wenn du sprachlos bleibst?
geht´s dir besser wenn du schweigst?

© volker noffke 03/11/14

https://www.youtube.com/watch?v=Sn4y0mt0hec

Freitag, 31. Oktober 2014

Mörder unter sich: Reason for Konzern (Text: Peter Jüriens) - Christoph Holzhöfer

Mörder unter sich: "Reason for Konzern"

Sie sind schick, glänzendglatt und liquide
führen Krieg um die Welt, die Konzerne -
Schau, da spalten sie wieder die Kerne
grundverlogen, vertrackt und perfide
pissen sie Uns in Unsre Zisterne.

Und dann sagen sie: Sterblicher, wisse -
Daß Wir all die Weltlasten tragen
Da brauchts unsaubre Kompromisse
Jetzt sei nützlich und trink sie die Pisse -
Du mußt sie heut nach Sonnenschein fragen...

Tscha. Sie heißen Inkorporationen
aber was sie verkörpern ist fraglich -
Die Dämonen die in ihnen wohnen
treten leiser als früher Legionen -
regeln alles geheimvertraglich.

Und sie reiten die Rücken der Staaten
und sie reiten sie froh zuschanden -
heut schon können sie kaum noch erwarten
einen neulichen Weltbrand zu starten -
Daß die in ihren Klauen landen.

Sie haben ne Werbeabteilung
und bei wirtschaftlichen Interessen
Stellt der Staat dann die Sterbeabteilung
und dann nehmen sie nur noch Peilung
und dann dürfen sie Kinder fressen.

Sie tragen Adler im Wappen
Und Schwerter, Blitze und Sterne -
Früher trugen die Schilde die Knappen
Notfalls strich man ihn weiß, den Rappen -
Heute tun das die Medien doch gerne...

Sie protzen mit Ranken und Kronen
und mit toter Königenpracht
Breit und flach tritt man Profitzonen
Ihre hellsten Gedanken, sie wohnen
in tiefster feudaler Nacht...

Und sie spucken auf Regeln und Normen
bukkakieren das Völkerrecht
Und sie reproduzieren die Formen
alter Herrschaft - mit Fehlern, enormen -
Wenn sie WEG wären wär mir das Recht.

PMJJ2014

http://youtu.be/s4ZtXUmgtfU

Samstag, 18. Oktober 2014

Nicht mit mir (Für Jürgen ...) - Christoph Holzhöfer

Nicht mit mir (Für Jürgen)

Wenn alle nach vorne rennen
Gehe ich ruhig zurück
Wenn alle laut schreien
Bin ich stumm wie ein Fisch

Ich sitz' so gern auf einem Berg
& träume vor mich hin
& leg' mich auf den Rücken
Wenn ich müde bin

Wenn alle einer Meinung sind
Na klar, ich bin dagegen
Wenn alle mies drauf sind
Dann feiere ich das Leben

Ich sitz' so gern am Wasser
& träume vor mich hin
& leg' mich auf den Rücken
Wenn ich müde bin

So viele Münder die reden
So wenig Köpfe die denken
So viele die nur mitlaufen
Wenige die selbst lenken

Ich sitz' so gern am Meer
& träume vor mich hin
& leg' mich auf den Rücken
Wenn ich müde bin

Für Jürgen, meinen Manager, der letzten Sommer leider verstorben ist ! Dir würde das Liedchen sehr gefallen, das weiß ich wohl & vielleicht kannst du 's ja da, wo du jetzt bist, hören ! Mich würd 's freuen ... & wie ! Ruhe in Frieden mein alter Freund ...

http://youtu.be/9AWZv83FE4c

Sonntag, 12. Oktober 2014

Ihr könnt mich alle am Arsch lecken ... - Christoph Holzhöfer

Ihr könnt mich alle am Arsch lecken, ich lasse mir das nicht mehr länger gefallen! (nach Howard Beale in - Network 1976)

Wir wissen, die Zeiten sind mies
Krisen da & Krisen hier
Viele haben keine Arbeit
Oder haben Angst, ihren Job zu verlieren

Banken gehen pleite & ganze Länder auch
Verbrecher ziehen die Fäden
& es scheint niemanden zu geben
Der weiß, was man dagegen tun kann

Wir wissen, die Luft die wir atmen ist vergiftet
Die Lebensmittel die wir essen sind 's auch
Wir wissen 's ! & atmen & fressen trotzdem immer weiter
& wir sitzen auf 'm Sofa zuhause & sehen fern

& da, in den Nachrichten, erzählt uns irgendwer
Was so alles hier & auf der Welt geschieht
Da Hunger, da Morde, da Gewaltverbrechen
Da & dort & noch woanders Krieg ...

So, als ob das Ganze normal wäre ...
Ach ..., wir wissen, die Zeiten sind mies
Schlimmer als mies. Sie sind verrückt
So als ob überall alles verrückt geworden ist ...

... so dass wir gar nicht mehr raus gehen wollen
& wir sitzen zuhause & langsam wird die Welt
in der wir leben, immer kleiner & wir sagen nur:
Bitte, lasst uns wenigstens hier in Ruhe - in unserem Wohnzimmer

Lasst mich meinen Toaster haben
Meinen Fernseher & meinen PC
Meinen Mittelklassewagen & meine wenigen Träume
Dann sag' ich auch nichts. Lasst mich bloß in Ruhe !

Ich werde euch aber nicht in Ruhe lassen
Ich will, dass ihr wütend werdet
Ich will nicht, dass ihr protestiert, oder eurem Abgeordneten schreibt
Denn ich wüsste nicht, was ihr ihm schreiben solltet

Ich weiß auch nicht, was man gegen die ganze Scheiße machen kann
Ich weiß nur, dass ihr erst einmal wütend werden müsst:
Ihr müsst sagen, ich bin ein menschliches Wesen -
Verdammt noch einmal! Mein Leben hat einen Wert!

Ich bin nicht nur die billige Arbeitskraft !
& der brave Konsument, der allen Mist kauft !
& der Soldat, der für euch verreckt ... !
& ich hab 's satt, belogen, betrogen & verarscht zu werden !

& deshalb will ich jetzt, dass ihr aufsteht
Ich will jetzt, dass ihr alle aufsteht !
Einer wie der andere. Ich will, dass ihr sofort aufsteht
Zum Fenster geht, es aufmacht, den Kopf raus steckt und schreit:

Ihr könnt mich alle am Arsch lecken, ich lasse mir das nicht mehr länger gefallen !
Ihr könnt mich alle am Arsch lecken, ich lasse mir das nicht mehr länger gefallen !
Ihr könnt mich alle am Arsch lecken, ich lasse mir das nicht mehr länger gefallen !
Ihr könnt mich alle am Arsch lecken, ich lasse mir das nicht mehr länger gefallen !

http://youtu.be/59LzsjBQ_z0

Samstag, 11. Oktober 2014

Der tote Soldat (... verreckt für 's große Geld) - Christoph Holzhöfer

Der tote Soldat (... verreckt für 's große Geld)

In einer Kirche irgendwo in Land
Da steht ein Sarg
Darauf ein Photo & die deutsche Flagge
Darin ein toter Soldat
& der tote Soldat
Der war noch so jung
Doch er glaubte den Kriegstreibern
& fiel auch darum

Sechs Soldaten stehen
Als Totenwachen am Sarg
Angehörige, Freunde, Kameraden
& die Kriegsministerin sind da
Patriotisch berührt:
Die Kriegsministerin, sie spricht:
Gefallen für Deutschland
In Erfüllung seiner Pflicht

Militärpfaffen beten
Eine Militärkapelle spielt
"Ich hatte einen Kameraden"
Dieses so viel gespielte Lied
Die letzte Ehre erwiesen
Abschied genommen
& zur Belohnung vom Vaterland
Diesen schönen Sarg bekommen

Die Kriegsministerin weint falsche Tränen
Während Erde auf den Sarg fällt
Für 's Vaterland gefallen ...?
Ach scheiße..., verreckt für 's große Geld
& viel zu viele gehen
Den Kriegstreibern auf den Leim
& kommen dann Morgen
Auch in Särgen heim

https://www.youtube.com/watch?v=T4RFnYp1SNM

Sonntag, 5. Oktober 2014

Besoffener Sonnenaufgang (2008) - Christoph Holzhöfer

besoffener sonnenaufgang (2008)

der wirt fing an dicht zu machen
es gab nichts zu trinken mehr
also kauften wir 'n paar flaschen
& fuhren hinauf auf unseren berg

in friedels altem 504
auf holprigen wegen durch die nacht
küchi schlief auf dem rücksitz ein
wir haben unsere besoffenen witze gemacht

ich rollte zigaretten
riss bier auf, sorgte für musik
friedel fuhr als wär' er nüchtern
während küchi weiter schlief

oben angekommen lehnten wir uns zurück
& als friedel kurz weg nickte
war er sofort wieder da
als ich ihm bier ins ohr kippte

bob dylan sang "sad eyed lady of the lowlands"
als die sonne dann aufging
sie lugte erst schüchtern durch die bäume
& die vögel waren am singen

& dann stand sie direkt vor uns
so riesen-groß & wunderschön rot
& wir stiegen aus dem auto
prosteten ihr staunend zu

http://youtu.be/JcHfwdU3Hh0

Herbstlied - Christoph Holzhöfer

herbstlied

wo ist nur der sommer geblieben
die zeit sie ging so schnell vorbei
die monate die wir uns liebten
sind jetzt schon vergangenheit
die blätter sind bunt geworden
die nächte schon mächtig kalt
in denen ich alleine liege
& der winter, ja der winter, der kommt bald

wir fanden uns ohne gesucht zu haben
bunte schmetterlinge im bauch
die sonne wärmte unsere körper
unsere herzen wärmte sie auch
wir taten das, was liebende tun
& liebten uns immerzu
doch irgendwann ging die liebe verloren
& wir haben dann auch nicht weiter nach ihr gesucht

deinen namen werd' ich wohl nicht vergessen
dein gesicht, ich denke schon eher
deinen körper den ich noch so vermisse
vermisse ich schon bald nicht mehr
vielleicht sollte ich einfach nur schlafen
schlafen bis in den mai
& dann krieche ich aus meiner höhle
& der winter, ja der winter, ist vorbei

wo ist nur der sommer geblieben
die zeit sie ging so schnell vorbei
die monate die wir uns liebten
sind jetzt schon vergangenheit
die blätter fallen von den bäumen
die nächte sind mächtig kalt
in denen ich alleine liege
& der winter, ja der winter, der kommt bald

http://youtu.be/iKfxuiezwvw

Mittwoch, 1. Oktober 2014

Mein JOBCENTER (Text: Volker Hans-Werner) - Christoph Holzhöfer

Mein JOBCENTER (Text: Volker Hans-Werner)

Mein JOBCENTER meint
schaff' doch - für 'n Niedriglohn,
das reicht doch wohl - für dein Leben schon.
Noch ein, zwei Minijobs - so nebenher,
hey Arbeitsloser - was willst du mehr.

Mein JOBCENTER glaubt
brauchst keine Bewerbung - mehr zu schreiben,
musst dich mit uns - auch nicht mehr streiten.
Auch nicht mehr - für´n Euro bücken,
oder in Kursen - Pappe knicken.

Mein JOBCENTER sagt
doch wenn du denkst - so geht das nicht,
dann irrst du dich gewaltig- du mieser kleiner Wicht.
Du machst das, was wir wollen - nur nicht genieren,
sonst werden wir dich platt-sanktionieren.

Mein JOBCENTER bestimmt
du wirst noch öfters - einbestellt,
erhältst immer weniger - Überlebens-Geld.
In sinnlose Maßnahmen - werden wir dich stecken,
dort kannst du dann ja - deine Wunden lecken.

Mein JOBCENTER schreit
und wenn du denkst - das geht so nicht,
dann merke dir eins - nur wir ! nur wir ! wir haben recht !
Denn wir sind der Besen - und du: Du bist Dreck,
also halt deine Schnauze - sonst fegen wir dich weg.

http://youtu.be/UENPTt48OSE

Freitag, 12. September 2014

Wo bleiben deine Steuern (Text: Kurt Tucholsky, 1926) - Christoph Holzhöfer

Wo bleiben deine Steuern –?

Wenn einer keine Arbeit hat,
ist kein Geld da.
Wenn einer schuftet und wird nicht satt,
ist kein Geld da.
Aber für Reichswehroffiziere
und für andre hohe Tiere,
für Obereisenbahndirektionen
und schwarze Reichswehrformationen,
für den Heimatdienst in der Heimat Berlin
und für abgetakelte Monarchien –
dafür ist Geld da.

Für Krankenhaus und Arbeiterquartier
ist kein Geld da.
Für den IV. Klasse-Passagier
ist kein Geld da.
Aber für Wilhelms seidne Hosen,
für prinzliche Zigarettendosen,
für Kleinkaliberschützenvereine,
für Moltkezimmer und Ehrenhaine,
für höhere Justizsubalterne
und noch eine, noch eine Reichswehrkaserne –
dafür ist Geld da.

Wenn ein Kumpel Blut aus der Lunge spuckt,
ist kein Geld da.
Wenn der Schlafbursche bei den Wirten zuguckt,
ist kein Geld da.
Aber für Anschlußreisen nach Wien,
für die notleidenden Industrien
und für die Landwirtschaft, die hungert,
und für jeden Uniformierten, der lungert,
und für Marinekreuzer und Geistlichkeiten
und für tausend Überflüssigkeiten –
da gibts Zaster, Pinke, Moneten, Kies.
Von deinen Steuern.
Dafür ist Geld da.

Theobald Tiger
Die Weltbühne, 09.11.1926, Nr. 45, S. 738, wieder in: Mit 5 PS.

http://youtu.be/NuQWd-yY030

Sonntag, 7. September 2014

Merkt ihr nischt (Text: Kurt Tucholsky, 1922) - Christoph Holzhöfer

Merkt ihr nischt –?

Eine ganze Industrie
schluckt die dicken Gelder,
treibt die Preise hoch – denn sie
hat die Kohlenfelder.
Sie kann schröpfen und sie schröpft
euch, die Konsumenten;
von dem Geld, euch abgeknöpft,
zahlt sie die Agenten ...
Presse, Kinos, süß gemischt –
Merkt ihr nischt?

Käseblätter schelten brav
auf die Republike.
Und es tapst das deutsche Schaf
nach der Pressmusike.
Weil der Bauer profitiert
von den Feldgewächsen:
loben Filme – wie geschmiert! –
Fridericus Rexn.
Warum wird das aufgetischt?
Merkt ihr nischt –?
Was mit offnen Mäulern prahlt:
»Wir – wir sind die Stärkern!«
Das ist alles bar bezahlt –
und von euern Märkern!
Vorn der Militärsoldat
und die Ideale –
hinten steht ein Syndikat:
Zahle, Dummkopf, zahle!
Von der Welt könnt ihr nichts wissen.
Ach, wie seid ihr angelogen!
Und sie zahlen blutige Zinsen.
Und die Bauernfänger grinsen,
weil ihr alldeutsch aufgefrischt ...
Merkt ihr nischt –?

Theobald Tiger
Die Weltbühne, 11.05.1922, Nr. 19, S. 487.

http://youtu.be/jqoMhF7nrjc

Sonntag, 31. August 2014

Ein kleines Lied für die einfachen ehrlichen guten Menschen - Christoph Holzhöfer

Ein kleines Lied für die einfachen ehrlichen guten Menschen

Früher war 's so
Heute ist 's anders
Morgen ist 's so oder so
's war schon immer so

Früher war alles besser, so heißt 's
Morgen wird alles schlechter sein
Heute ist dazwischen
Oh ..., welch große Zeit ...

& ich mag die einfachen ehrlichen Menschen
Die sich nichts einbilden & einfach so sind, wie sie sind
Auf die ich mich verlassen kann
& die nicht schlecht über mich reden
Weil sie eben einfache & ehrliche & gute Menschen sind

Da fühl ich mich wohl
Da bin ich "Ich"
Da fühl ich mich frei
Da bin ich glücklich

Da kann ich reden
Da kann ich lachen
Da wird gepichelt & da ist nichts
Mit so abgehobenen Sachen

& ich mag die einfachen ehrlichen Menschen
Die sich nichts einbilden & einfach so sind, wie sie sind
Auf die ich mich verlassen kann
& die nicht schlecht über mich reden
Weil sie eben einfache & ehrliche & gute Menschen sind

http://youtu.be/tLyTTuvfcDA

Freitag, 29. August 2014

Hurra ! Was geht 's uns prima ! (Lieb Vaterland magst ruhig sein) - Christoph Holzhöfer

Hurra ! Was geht 's uns prima ! (Lieb Vaterland magst ruhig sein)

Hurra ! Was geht 's uns prima !
Hurra ! Was geht 's uns gut !
Uns Deutschen geht 's am Besten, weil
Wir Deutschen auch dafür was tun !

Hier gibt es keine Armen !
Nur Menschen mit wenig Geld !
Aber alle sind zufrieden, weil
's ihnen hier so gut gefällt !

Wir haben ne Regierung, die
Alles für den Bürger tut !
Die reißen sich den Arsch auf ! &
Nur deshalb geht es uns so gut !

Der Krieg der ist ja so weit weg !
In Frieden leben wir hier !
Wir laufen glücklich durch die Straßen &
Trinken Friedens-Zeiten-Bier !

Hurra ! Uns geht 's so prima !
Hurra ! Uns geht 's so gut !
Uns Deutschen geht 's am Besten, weil
Wir Deutschen auch dafür was tun !

Lieb Vaterland magst ruhig sein !
Hier muckt keiner auf !
Hier sitzt man zufrieden auf dem Sofa
& reibt sich den satten Bauch !

http://youtu.be/b1mxdWwfC7I

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