Donnerstag, 12. Juni 2014

Kriegslied (Text: Erich Mühsam, März 1917) - Christoph Holzhöfer

Kriegslied

Sengen, brennen, schießen, stechen,
Schädel spalten, Rippen brechen,
spionieren, requirieren,
patrouillieren, exerzieren,
fluchen, bluten, hungern, frieren...
So lebt der edle Kriegerstand,
die Flinte in der linken Hand,
das Messer in der rechten Hand -
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

Aus dem Bett von Lehm und Jauche
zur Attacke auf dem Bauche!
Trommelfeuer - Handgranaten -
Wunden - Leichen - Heldentaten -
bravo, tapfere Soldaten!
So lebt der edle Kriegerstand,
das Eisenkreuz am Preußenband,
die Tapferkeit am Bayernband,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

Stillgestanden! Hoch die Beine!
Augen gradeaus, ihr Schweine!
Visitiert und schlecht befunden.
Keinen Urlaub. Angebunden.
Strafdienst extra sieben Stunden.
So lebt der edle Kriegerstand.
Jawohl, Herr Oberleutenant!
Und zu Befehl, Herr Leutenant!
Mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

Vorwärts mit Tabak und Kümmel!
Bajonette, Schlachtgetümmel.
Vorwärts! Sterben oder Siegen
Deutscher kennt kein Unterliegen.
Knochen splittern, Fetzen fliegen.
So lebt der edle Kriegerstand.
Der Schweiß tropft in den Grabenrand,
das Blut tropft in den Straßenrand,
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

Angeschossen - hochgeschmissen -
Bauch und Därme aufgerissen.
Rote Häuser - blauer Äther -
Teufel! Alle heiligen Väter!...
Mutter! Mutter!! Sanitäter!!!
So stirbt der edle Kriegerstand,
in Stiefel, Maul und Ohren Sand
und auf das Grab drei Schippen Sand -
mit Gott, mit Gott, mit Gott,
mit Gott für König und Vaterland.

Text: Erich Mühsam, März 1917

http://youtu.be/P1R2Go4YqQg

Mittwoch, 11. Juni 2014

Man gab uns viele schöne Wort' - Christoph Holzhöfer

Man gab uns viele schöne Wort'

Ach Gott vom Himmel sieh darein
& lass dich des erbarmen,
Muss denn immer Mord & Krieg nur sein ...?
Schon Kain erschlug den Abel !
So viele folgten Abel nach,
Im Lauf der langen blut'gen Zeit.
& meistens waren 's die Armen dran,
& kein'm Reichen tat es leid.

Die lebten nur in Saus & Braus
& machten immer Kriege.
Der Arme musst ins Feld hinaus
& in dem Drecke liegen.
Musst stechen, hauen, schießen &
Die Brüder massakrieren.
Ein Aug', ein Arm, ein Bein & auch
Sein Leben dabei verlieren.

Wir verreckten für die Päpste &
Für Fürsten, König, Kaiser.
& wenn ein Krieg vorrüber war,
Die Herrn wurden nie weiser.
Das Blut, das floss in Strömen &
Im Volk da flossen Tränen.
Man gab uns viele schöne Wort',
Warum man uns tut so quälen.

Als wir Kaiser & Könige fort gejagt
& uns Regierungen wählten,
Die Kriege hörten nimmer auf,
Schon hieß es: "Angetreten !".
Auf, auf, marsch, marsch, zum Krieg hinaus !
& weiter ging das Morden.
Man gab uns wieder viele schöne Wort',
& wieder sind wir gestorben.

Ach wenn wir Menschen doch ein Mal,
Uns endlich würden einen.
Aus milliarden Mündern, ein lauter Ruf:
Ihr wollt Krieg ? Aber wir wollen keinen !
& wenn, dann wird' s der letzte sein,
Gegen euch ziehen wir in die Schlacht !
Dann stechen, hauen & schießen wir,
Für eine wahrlich gute Sach' !

Doch wir Menschen, wir sind wohl zu dumm,
Auch heut' lassen wir uns noch verhetzen.
Für die Herren dieser schönen Welt
Tun wir uns weiter niedermetzeln.
Drum Gott vom Himmel sieh darein,
& lass dich des erbarmen:
Schlag all die bösen Kriegstreiber tot,
Für Frieden in Ewigkeit, Amen !

Den Titel dieses Liedes habe ich einem gegen den Kurfürsten von Hessen gerichteten Liedes aus dem Jahre 1815 entnommen ! Daraus stammen auch die beiden Zeilen "Ach Gott vom Himmel sieh darein, & lass dich des erbarmen:"

http://youtu.be/DkXBc4oWqts

Dienstag, 10. Juni 2014

Die Krankenkasse (Text: Erich Weinert, 1930) - Christoph Holzhöfer

Die Krankenkasse

Die Frau sagt: "Hör mal alter Junge,
Du fällst die letzte Zeit so ein !"
"Ja, weißt du Frau, mt meiner Lunge,
Da muss was ncht in Ordnung sein.
Ich werde jeden Tag kaputter."
"Da geh doch mal zum Doktor, Mann !"
"Das kost'T doch funfzig Pfennig, Mutter,
Die man so schwer entbehren kann."

Er geht, das Letzte in der Tasche,
& kauft sich einen Krankenschein.
Er steht vorm Arzt, ist grau wie Asche.
Der sagt: "Das scheint TB zu sein.
Vor allem essen sie mal tüchtig !
Viel Butter, zartes Fleisch & Speck.
Auch Luft & Sonne sind sehr wichtig.
Im Frühjahr sind sie drüber weg."

Er schleppt sich heim. "Na siehst du, Mutter,
Der Doktor kriegt die Sache raus !
Mir fehlt nur zartes Fleisch & Butter,
Dazu ein luftges Sommerhaus.
Nun, Mutter, kauf mal ein & koche
Mir täglich Huhn mit Butter dran,
Was man für zwanzig Mark die Woche
Sich ohne weitres leisten kann."

Er lag im Bett. Nach vierzehn Tagen
Kam auch der Doktor anspaziert.
"Na, hat die Kost denn angeschlagen ?"
"Ich hab' sie noch nicht ausprobiert."
"Ja, Mann, wenn sie nicht hören wollen."
"Das schon ! Doch hätten sie mir nur
Das nötige Geld verschreiben sollen.
Ich danke herzlichst für die Kur."

Vier Wochen später hielt ein Wagen,
Vier schwarze Männer sah man stehn.
Sie haben ihn hinausgetragen.
Da braucht kein Arzt mehr hinzugehn.
Doch weiter blühn die Krankenkassen
In jenem riesengroßen Haus;
Da streicht nur ein Kanzlist gelassen
Den Namen eines Mitglieds aus.

Text: Erich Weinert, 1930

http://youtu.be/lDjbVUSMRLA

Sonntag, 8. Juni 2014

Lied für Barack Obama - Christoph Holzhöfer

Lied für Barack Obama

Barack Obama, Mr. President der USA,
Wieviele Kinder hast du heut umgebracht ?
Barack Obama, Mr. President der USA,
Wieviele Kinder hast du heut zu Waisen gemacht ?

Barack Obama, Mr. President der USA,
Wieviele Frauen hast du heut umgebracht ?
Barack Obama, Mr. President der USA,
Wieviele Frauen hast du heut zu Witwen gemacht ?

Barack Obama, Mr. President der USA,
Wieviele Männer hast du heut umgebracht ?
Barack Obama, Mr. President der USA,
Wieviele Unschuldige hast du heut zu Krüppeln gemacht ?

Barack Obama, Mr. mächtigster Mann der Welt,
Ich weiß ja, dass für dich nur Amerikas Macht & Reichtum zählt !
Du Herr der Drohnen ! Du Herr über Leben & Sterben !
Du Friedensnobelpreisträger ! & einer der größten Mörder auf Erden !

Barack Obama, dein falsches Lächeln täuscht mich nicht !
Du Wolf im Schafsfell, der du nun mal bist !
Du lügst, betrügst, hetzt auf & kannst den nächsten Krieg nicht erwarten !
& hast die Hoffnungen von so vielen guten Menschen verraten !

Barack Obama, Mr. President der USA,
Deine ach so vielen Opfer sind dir doch scheißegal !
Du nennst dich Christ, schwafelst von Frieden & Freiheit !
Für einen Mörder wie dich, ist in der Hölle immer ein Platz frei !

Barack Obama, Mr. President der USA,
Ich wünsche dir eine schlaflose Nacht !
Dass dich Alpträume quälen & du es vor dir siehst,
Wie deine Opfer aufstehen & du bekommst, was du verdienst !

http://youtu.be/MBR4APK0GiA

Mittwoch, 4. Juni 2014

Glückauf Kameraden durch Nacht zum Licht (Text: Heinrich Kämpchen) - Christoph Holzhöfer

Glückauf Kameraden durch Nacht zum Licht (Internationales Knappenlied)

Glückauf Kameraden durch Nacht zum Licht
uns sollen die Feinde nicht kümmern
Wir hatten so manche verzweifelte Schicht
und sahen die Sonne nicht schimmern
Nur einig, einig müssen wir sein
so fest und geschlossen wie Erz und Gestein

Und laßt es euch sagen, ihr Knappen all
ihr Brüder von Osten und Westen
von Norden und Süden und überall
wir müssen uns stärken und festen
Es darf keine Lücke mehr zwischen uns sein
wir müssen stehen wie Stahl und Stein

Seid einig, seid einig! Dann sind wir auch frei
vom Druck der so lang uns umwunden
erkennt doch die Macht von der Brudertreu
von der Kraft, die wir endlich gefunden
Wir sind ein Riese, wenn wir geeint
und können dann trotzen jedwedem Feind

Es lag auf uns lange gewitterschwül
es schien uns erdrücken zu wollen
wir hörten in ahnendem Vorgefühl
ein fernes Dröhnen und Grollen
Nun sind wir vom bleiernen Schlafe erwacht
es dämmert der Tag nach der langen Nacht

Wir sind keine rohe, verwilderte Schar
wir wollen nur menschliche Rechte
wir krümmen keinem Kinde ein Haar
doch sind wir auch klar zum Gefechte
zum Kampf für unser gutes Recht
ein Freier zu sein, doch kein höriger Knecht

Wie die Lampe, die unser Leitstern ist
tief unten im Reiche der Nächte
wie dem Kompaß, der uns die Bahnen mißt
im Labyrinte der Schächte
so folgten wir unsern Führern gern
sie sind uns im Dunkel der leitende Stern

Glückauf Kameraden durch Nacht zum Licht
seid brüderlich alle umschlungen
Gelobt es: "Wir wollen nicht enden die Schicht
bis daß den Sieg wir errungen!"
Den schönen Sieg, der uns allen frommt
daß der Bergmannsstand wieder zu Ehren kommt

Text: Heinrich Kämpchen

http://youtu.be/4yUkLt7uvf0

Sonntag, 1. Juni 2014

O welch ein Elend Bergmann zu sein (Mein Vater ist Bergmann) - Christoph Holzhöfer

O welch ein Elend Bergmann zu sein (Mein Vater ist Bergmann)

Mein Vater ist Bergmann, ein hartes Los.
In Kummer und Sorgen, er zog mich groß.
Ich musste als Knabe schon unter die Erd,
Musst Kohlen fahren mit Wagen und Pferd.

Da eines Tages, da hat es gekracht.
Da hört ich ein Jammern tief unten im Schacht.
Ich erkannte die Stimme, die um Hilfe schrie!
Mein Vater, mein Vater! - Da brachten sie ihn.

Da lag er zertrümmert auf der Totenbahr.
Ich gedenke noch heute, da die Beerdigung war.
Sechs Knappen, die ließen ins Grab ihn hinein -
Es ist keine Freude, ein Bergmann zu sein.

Wir waren Geschwister, sechs an der Zahl.
Die Mutter lag sterbend dem Tode nah.
Der einzige Ernährer, der war ja nur ich.
Ich ließ meine Mutter niemals im Stich.

A 137 643 Adorf (Kr. des Eisenberges, Kurhess. Archiv), 1932

Aus "Der Grosse Steinitz. Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs
Jahrhunderten"

http://youtu.be/ICtBMxGt-0Q

Freitag, 30. Mai 2014

Auf Gesellen froh und munter - Christoph Holzhöfer

Auf Gesellen froh und munter
schenkt die Gläser voller Wein
denn unser Handwerk geht niemals unter
lustige Zimmerleute wollen wir sein

Meister gib uns die Papiere
Meister gib uns unser Geld
die schönen Mädchen , die sind uns lieber
als die Schafferei auf dieser Welt

Denn wir brauchen´s keinen Kaiser
und wir brauchen´s keinen Gott
Denn der Krieg war nur für Reiche
und der arme Teufel ging kaputt

Text und Musik: Verfasser unbekannt ( A 110 818 ) "in Weil am Rhein ( Baden ) von Arbeitsgenossen beim Bau gelernt ", Steinitz I , S. 310 - Wolfgang Steinitz schreibt singemäß zu diesem Lied "Die 3 Strophen dieser Fassung sind verschiedenen Ursprungs . Strophe 2 stammt aus "Sind wir einst der Arbeit müde", Strophe 3 stammt aus dem ersten Weltkrieg und der Revolution von 1918 , Strophe 1 aus einem Handwerkerlied.

http://youtu.be/A2NGVVwsmxk

Wir leben wie die Sklaven (Zieglerlied) - Christoph Holzhöfer

Wir leben wie die Sklaven (Zieglerlied)

Wir leben wie die Sklaven
Hier auf der Ziegelei,
Wenn andre Leute schlafen,
Ist unsre Nacht vorbei.

Des Morgens um halb viere
Der Brenner kommt ins Haus
& ruft laut: Kaffeetrinken !
Zum Bett muss alles heraus.

Jetzt geht es an das Suchen
Der Strümpfe & der Schuh,
& manches leise Fluchen
Hört man auch oft dazu.

Dann geht es an den Kaffeetisch,
Hat auch nicht lange Zeit,
Denn draußen vor der Türe
Steht der Meister schon bereit.

Jetzt fängt man an zu wandern
Mit der Karre hin & her,
Der eine spricht zum andern,
Ob 's nicht bald Frühstück wär.

Die ersten Stunden vorm Frühstück,
Die fallen dem Magen so schwer,
Sind die erst überwunden,
Die andern kriegt er schon her.

Des Mittags um zwölfe,
Dann geht 's an den Erbsentisch,
Dann gib 's ne Stunde Pause,
Da wird man wieder frisch.

& sind die Erbsen angebrannt
Zwei fingerdick am Rand,
Sie sollen wohl bekommen sein,
Der Hunger treibt alles hinein.

Das kleine Lippe hatte vor dem ersten Weltkrieg das größte Kontingent an Wanderarbeitern (etwa 20.000), die jeden Sommer als Ziegelstreicher & Brauer die Ziegeleien Norddeutschlands & Hollands bevölkerten & dort in sehr harter 14-16stündiger Arbeit ihr Brot verdienten.

Aus "Der Grosse Steinitz. Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs
Jahrhunderten"

Als musikalische Untermalung des Textes habe ich einen Standard-Blues gewählt ...!

http://youtu.be/khdxVu5X0sQ

Donnerstag, 29. Mai 2014

Wer nie bei Siemens-Schuckert war - Christoph Holzhöfer

Wer nie bei Siemens-Schuckert war

Wer nie bei Siemens-Schuckert war,
Bei AEG & Borsig,
Der kennt des Lebens Jammer nicht,
Der hat ihn erst noch vor sich.

Da bist du nichts. da wirst du nichts,
Wenn auch der Magen kluckert.
So ist 's bei Borsig, AEG,
Bei Siemens & bei Schuckert.

Wer nie bei Siemens tätig war
& nicht bei AEG & Borsig,
Der kennt des Lebens Jammer nicht,
Der hat ihn erst noch vor sich.

Nach dem "Industriekurier" Berlin, 27.6.53 abgedruckt in "Neues Deutschland" Berlin, 18.9.53.

Dieses Lied ist unter der Berliner Arbeiterschaft seit Anfang der zwanziger Jahre populär gewesen; um 1922 wurde es im Feuilleton der "Roten Fahne" abgedruckt (nach H. Kleye).

Bei dem Lied handelt es sich um eine Parodie auf Goethes "Wer nie sein Brot mit Tränen aß". Parodien auf dieses Gedicht waren übrigens sehr verbreitet.

Aus "Der Grosse Steinitz. Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs
Jahrhunderten"

http://youtu.be/F_NY-VPCH_Y

's ist Krieg (Text: Kurt Tucholsky) - Christoph Holzhöfer

's ist Krieg!

(Während des Krieges verboten gewesen)

Die fetten Hände behaglich verschränkt
vorn über der bauchigen Weste,
steht einer am Lager und lächelt und denkt:
»'s ist Krieg! Das ist doch das beste!
Das Leder geräumt, und der Friede ist weit.
Jetzt mach in anderen Chosen –
Noch ist die blühende, goldene Zeit!
Noch sind die Tage der Rosen!«

Franz von der Vaterlandspartei
klatscht Bravo zu donnernden Reden.
Ein ganzer Held – stets ist er dabei,
wenn sich Sprecher im Saale befehden.
Die Bezüge vom Staat, die Nahrung all right –
laß Stürme donnern und tosen –
Noch ist die blühende, goldene Zeit!
Noch sind die Tage der Rosen!

Tage der Rosen! Regierte sich je
so leicht und bequem wie heute?
Wir haben das Prae und das Portepee
und beherrschen geduckte Leute.
Wir denken an Frieden voll Ängstlichkeit
mit leider gefüllten Hosen –
Noch ...
Noch ist die goldene, die blühende Zeit!
Noch sind die Tage der Rosen!

Kaspar Hauser
Die Weltbühne, 31.07.1919, Nr. 32, S. 145,
wieder in: Fromme Gesänge,
auch u.d.T. »Krieg und Friede«.

http://youtu.be/4dHm_ndZABM

Mittwoch, 28. Mai 2014

Der Schachtmeister muss sich schämen, weil er die Leut tut quälen - Christoph Holzhöfer

Der Schachtmeister muss sich schämen, weil er die Leut tut quälen

Wer Geld an der Eisenbahn will verdienen,
Der muss ja den Schubkarren schieben,
Wohl bei dem Tag, wohl bei der Nacht.

Der Schachtmeister muss sich schämen,
Weil er so die Leut tut quälen
Für so einen schlechten Lohn.

Es kommt der liebe lange Winter,
Dann schreien Frau & Kinder:
"Wo hast du deinen verdienten Lohn ?"

"Den Lohn kann ich euch nicht geben,
& wenn ihr mich bringt um mein Leben,
Denn ich habe ja nichts verdient."

Dann bleib' ich lieber daheime
In angenehmen Träumen,
Bis bessere zeiten sein.

Daheim kann ich nicht bleiben
& mir die Zeit vertreiben,
Drum muss ich wieder zur Eisenbahn hin.

Aus "Der Grosse Steinitz. Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten"

http://youtu.be/oLkMUrTZgKQ

1925 war fürwahr ein Unglücksjahr - Christoph Holzhöfer

1925 war fürwahr ein Unglücksjahr

Neunzehnhundertfünfzwanzig
War fürwahr ein Unglücksjahr.
Hundertsechsunddreißig Tote
Waren es am elften Februar.

Um die schwarzen Diamanten
Kämpften sie beim Lampenschein.
Keinte ahnte von den vielen,
Dass es heut die letzte Fahrt soll sein.

Viele von den Kohlenwagen
Sandten sie zum Abschiedsgruß.
Nur noch eine Stunde schaffen,
Dann ist mit der ganzen Arbeit Schluss.

Viele blasse Frauen standen
Vollgedrängt am Zechentor,
Ob man ihren lieben Gatten
Lebend brachte aus dem Schacht empor.

Manches Heim ist leer geworden,
Not & Elend herrscht im Haus.
Hundertsechsunddreißig Tote
Ruh 'n in Dortmunds kühler Erde aus.

Aus "Der Grosse Steinitz. Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten"

http://youtu.be/q19nUydyEt4

Ich kiffe mir den Himmel immer blau, wenn er mal nicht blau ist ... - Christoph Holzhöfer

Ich kiffe mir den Himmel immer blau, wenn er mal nicht blau ist ...

Manchmal bin ich traurig
Meistens bin ich froh
Ich liebe das Leben
& das Leben mich ebenso

Ich singe mir ein Liedchen
Laufe durch die schöne Welt
Schau mal hier & schau mal da ...
Mache das was mir gefällt

Ich rede mit den Eichhörnchen
& mit der alten Krähe
Schaue den Blumen beim Blühen zu
Erfreue mich an dem, was ich sehe

Ich ..., ja ich
Kiffe mir den Himmel immer blau
Wenn er mal nicht blau ist ...

Ich habe keine Villa
& keine Millionen
Den verfluchten Reichtum
Soll doch der Teufel holen

Ich hab 's nicht so mit Arbeit
Dazu fehlt mir irgendwie die Zeit
Da spiele ich doch lieber Gitarre
& rauche mir einen dabei

Mal scheint die Sonne, mal fällt Regen
Das ist der ganz normale Lauf
Aus Richtung Westen nahen dunkle Wolken
& ein Gewitter zieht herauf

Ich ..., ja ich
Kiffe mir den Himmel immer blau
Wenn er mal nicht blau ist ...

http://youtu.be/NMqwrFa2OGM

Dienstag, 27. Mai 2014

Rettet euch, Brüder, wir sind verloren - Christoph Holzhöfer

Rettet euch, Brüder, wir sind verloren

Nicht weit von Dortmund liegt eine Zeche,
Genannt wird sie Minister Stein;
Zweihundertsechsunddreißig Knappen
Büßten dort ihr Leben ein.

Es war des Morgens früh um sechse,
Da fuhr der Steiger die Grub hinab,
Seinen Kameraden Glück zu wünschen,
Doch das Unglück brach herab.

Rettet euch, Brüder, ihr seid verloren,
Rettet euch, Brüder, euer Leben ist hin;
Schlagende Wetter sind ausgebrochen,
Leb wohl mein Weib, leb wohl, mein Kind !

Vor dem Tore steht eine Mutter,
Sie wartet vergebens auf ihren Sohn.
"Vor kaum zwei Jahren, da war 's mein Gatte,
Heut ist 's mein einziger Sohn !"

Draußen im Friedhof da steht ein Mägdlein,
Sie ringt die Hände zum Himmel empor:
"Gestern begrub mans meine Mutter,
Heute ist 's mein Vater schon !"

Wer hat denn dieses Lied gesungen ?
Wer hat denn dieses Lied erdacht ?
Es waren ja zwei Bergmannsjungen,
Die habn das Unglück mitgemacht.

Unterweißenbach, Oberfranken, 1938

Aus "Der Grosse Steinitz. Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten"

http://youtu.be/QUbY3_848XU

An Hundert sind drin umgekommen (Die Glocke tönet einzufahren) - Christoph Holzhöfer

An Hundert sind drin umgekommen
(Die Glocke tönet einzufahren)

Die Glocke tönet einzufahren,
Den Bergmann ruft 's zum tiefen Schacht.
Die Männer, die in Nachtschicht waren,
Sind schon ans Tageslicht gebracht.

Von Weib & Kind wird rasch genommen
Noch Abschied, eh 's zur Grube geht.
Wer weiß es, ob ein Wiedersehen
Im Schicksalsbuch geschrieben steht ?

Sein blühend Weib umarmt heut fester
Ein junger Bergmann & sein Kind.
"O Mann", spricht sie, "du Allerbester,
Bleib bei uns heut, im Traume sind

Mir Bilder schrecklich wild erschienen."
Doch er eilt fort, wie sie auch fleht.
"Die Pflicht", spricht er mit ernster Miene,
"Doch hofft, dass ihr mich wiederseht."

Dreihundert Mann sind eingefahren
Zur Grube, die vom Licht sie trennt.
Kaum, dass die letzten unten waren,
Ertönt der Ruf: Die Grube brennt !

An hundert sind drin umgekommen,
So ging die Kunde wie der Wind.
Auch ihn, der Abschied kaum genommen,
Den sehn als Toten Weib & Kind.

Osternienburg, Anhalt 1930

Aus "Der Grosse Steinitz. Deutsche Volkslieder demokratischen Charakters aus sechs Jahrhunderten"

http://youtu.be/If8IuObQ2wg

Sonntag, 25. Mai 2014

Lied vom Kompromiss (Text: Kurt Tucholsky, 1919) - Christoph Holzhöfer

Das Lied vom Kompromiß

Manche tanzen manchmal wohl ein Tänzchen
immer um den heißen Brei herum,
kleine Schweine mit dem Ringelschwänzchen,
Bullen mit erschrecklichem Gebrumm.

Freundlich schaun die Schwarzen und die Roten,
die sich früher feindlich oft bedrohten.
Jeder wartet, wer zuerst es wagt,
bis der eine zu dem andern sagt:

»Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
Davon hat man keine Kümmernis.
Einerseits – und andrerseits –,
so ein Ding hat manchen Reiz...

Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
Schließen wir nen kleinen Kompromiß!«

Seit November klingt nun dies Gavottchen.
Früher tanzte man die Carmagnole.
Doch Germania, das Erzkokottchen,
wünscht, daß diesen Tanz der Teufel hol.

Rechts wird ganz wie früher lang gefackelt,
links kommt Papa Ebert angewackelt.
Wasch den Pelz, doch mache mich nicht naß!
Und man sagt: »Du, Ebert, weißt du was:

Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
Davon hat man keine Kümmernis.
Einerseits – und andrerseits –,
so ein Ding hat manchen Reiz...

Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
Sein Erfolg in Deutschland ist gewiß:
Schließen wir nen kleinen Kompromiß!«

Seit November tanzt man Menuettchen,
wo man schlagen, brennen, stürzen sollt.
Heiter liegt der Bürger in dem Bettchen,
die Regierung säuselt gar so hold.

Sind die alten Herrn auch rot bebändert,
deshalb hat sich nichts bei uns geändert.
Kommts, daß Ebert hin nach Holland geht,
spricht er dort zu seiner Majestät:

»Schließen wir nen kleinen Kompromiß!
Davon hat man keine Kümmernis.
Einerseits – und andrerseits –,
so ein Ding hat manchen Reiz...«

Und durch Deutschland geht ein tiefer Riß.
Dafür gibt es keinen Kompromiß!
Und durch Deutschland geht ein tiefer Riß.

http://youtu.be/OmwubDOBYtg
Dafür gibt es keinen Kompromiß!

Mittwoch, 7. Mai 2014

Wie kann man nur so blöd sein & Soldat werden ... - Christoph Holzhöfer

Wie kann man nur so blöd sein & Soldat werden ?!

Die Augen: Links
Die Augen: Rechts
Die Augen: Geradeaus
& schon marschiert der Verstand hinaus !

Da schläft man zu viert auf 'm Zimmer
& hat kein bischen Privatsphäre
& dann stinkt 's noch dazu
& morgens wird man durch lautes Brüllen geweckt
& dann muss man sich schnell - schnell fertig machen
& beim Frühstück sitzt man kollektiv rum
& die Betten müssen schön ordentlich gemacht werden
& die Bude muss sauber sein
& man muss Flure putzen
& Klos:
Die die Kameraden
voll geschissen haben
& die Stiefel müssen glänzen
& alle tragen die gleichen Klamotten
& alle sehen gleich aus
& dann muss man stramm stehen
wenn 's einer befiehlt
& nach rechts gucken
& nach links
& geradeaus
& immer blöd dazu
& man muss grüßen
& marschieren
& 's Gewehr präsentieren
& so 'n richtiger Arschkriecher sein
& Wache schieben
& wieder stramm stehen
& wieder salutieren
& sich zum Untergebenen machen
& immer gehorchen

Die Augen: Links
Die Augen: Rechts
Die Augen: Geradeaus
& schon marschiert der Verstand hinaus !

& 's wird einem gesagt
wann man zu essen hat
& wann geschlafen wird
& wann man aufsteht
&&&
...

& wer der Feind ist
...
& man muss immer gehorchen
& man muss immer gehorchen
& man muss immer gehorchen
...

Ja ...! Wie kann man nur so blöd sein & Soldat werden ?!
...
Die Augen: Links
Die Augen: Rechts
Die Augen: Geradeaus
& schon marschiert der Verstand hinaus !

http://youtu.be/uro9grtaqIE

Ihr Menschen werdet doch endlich wach ... - Christoph Holzhöfer

Ihr Menschen werdet doch endlich wach ...


Merkt ihr denn wirklich nicht, welches
Spiel sie mit euch spielen
Dass ihr nur die Figuren seid
Die sie hin & her schieben
Dass man euch am Nasenring
Durch die Manege führt
& ihr seid auch noch das Publikum
Das artig applaudiert

& wie Kinder glaubt ihr alles
Was sie euch erzählen
Lauft ihnen hinterher
egal wohin sie auch gehen
& gehen sie über Leichen
Ja ...! Ihr geht mit
& führen sie euch ins Verderben
Erst wenn 's zu spät ist, kriegt ihr 's mit

Ihr Menschen werdet doch endlich wach
Fallt auf die nicht mehr herein
Dann ist der schönste Tag nicht mehr fern
& es werden Glück & Respekt herrschen
& Frieden sein

Ohne euch ging hier doch gar nichts
Ohne euch wären die ein Nichts
Doch ihr sagt noch knechtisch danke
Wenn ihr die Reste zu fressen kriegt
Ihr baut die Welt, zahlt Steuern
Opfert ihnen eure Zeit
Sie geben euch Almosen & werden
Durch eure Arbeit reich

& wenn ihr nicht mehr schaffen könnt
Seid ihr nichts mehr wert
Dann heißt es, ab auf 's Abstellgleis
Da wo kein Zug mehr fährt
Da lässt man euch verrotten
& da gibt es kein Mitleid
Da heißt 's nur, alles selber schuld
Jeder muss selbst sehen, wo er bleibt

Ihr Menschen werdet doch endlich wach
Fallt auf die nicht mehr herein
Dann ist der schönste Tag nicht mehr fern
& es werden Glück & Respekt herrschen
& Frieden sein

Fast alles was gut ist
Habt ihr euch mal erkämpft
So viele haben dafür ihr Leben gelassen ...
Ihr kriegt doch nichts geschenkt
& den Rest, den gab 's doch nur
Weil 's ihnen Nutzen bringt
& ihr vor lauter Dankbarkeit -vergesst -
& ein Loblied auf sie singt

Aber die ..., sagen nie Danke
Ihr seid für die doch nur Lakaien
Immer schön den Buckel krumm
Seid ihr wirklich so klein
& die schreiben euch auch noch vor
Wie ihr zu leben habt
Verbote & Vorschriften ...
Ach ..., ihr seid so bieder & so brav

Ihr Menschen werdet doch endlich wach
Fallt auf die nicht mehr herein
Dann ist der schönste Tag nicht mehr fern
& es werden Glück & Respekt herrschen
& Frieden sein

& die vertrauen euch nicht
Die horchen & spähen euch aus
& wenn wer von der Norm abweicht
Drehen die ihm 'n Strick daraus
& die lügen & betrügen
Wie 's ihnen in den Kram passt
Verbreiten 's über ihre hörigen Medien
& ihr plappert 's auch noch nach

& die hetzen gegen Schwache
Reden von Schmarotzern & Parasiten
& ihr, anstatt empört zu sein
Lasst euch auch noch aufwiegeln
& die schüren immer Hass
Machen sich mit Mördern & Faschisten gemein
Wenn 's um ihre dreckigen Interessen geht
Darf 's jedes Mittel sein

Ihr Menschen werdet doch endlich wach
Fallt auf die nicht mehr herein
Dann ist der schönste Tag nicht mehr fern
& es werden Glück & Respekt herrschen
& Frieden sein

Ja ..., da ist das pralle Leben
& dort der gnadenlose Tod
Da ist der Riesen-Reichtum
& dort die unvorstellbar große Not
Da ist das Geprotze
& dort ein Leben in Elend & Dreck
Da ist das große Fressen
& dort wird vor Hunger verreckt

& ihr nehmt 's hin, schaut einfach zu
Eure Gleichgültigkeit ...
Was haben die nur mit euch gemacht
Dass ihr so dämlich seid
Die machen doch was sie wollen
Mit euch & der schönen Welt
& ihr ..., ja ihr Hanswürste
Habt die auch noch gewählt

Ihr Menschen werdet doch endlich wach
Fallt auf die nicht mehr herein
Dann ist der schönste Tag nicht mehr fern
& es werden Glück & Respekt herrschen
& Frieden sein

& die sind so gefräßig
Die werden nimmer satt
& darum machen die Kriege
Aber ihr zieht in die Schlacht
Für deren Bäuche metzelt ihr euch nieder
& die sitzen fein zu Haus
& das große schmutzige Morden
Geht immer weiter & hört nie auf

Ja ! Eure Führer führen euch
In Unglück & Verderben
& es ist ihnen doch scheißegal
Wie viele von euch sterben
& die machen immer weiter
Bis zum letzten großen Krieg
Nur der Tod wird der Gewinner sein
& kein Mensch hat gesiegt

Ihr Menschen werdet doch endlich wach
Fallt auf die nicht mehr herein
Dann ist der schönste Tag nicht mehr fern
& es werden Glück & Respekt herrschen
& Frieden sein

http://youtu.be/y7h2pd9aynI

Samstag, 3. Mai 2014

Ballade von Martha Hadinsky - Christoph Holzhöfer

Ballade von Martha Hadinsky

Ja ! Hört die Geschichte von Martha Hadinsky
Im Oktober 1911 in Mühlheim-Rumbachtal geboren
Eine aufrechte Frau, die für 'n gutes Deutschland kämpfte
& diesen Kampf, den hat sie verloren

Bergarbeiterfamilie, die Zeiten waren hart
Schon in jungen Jahr'n wurd' sie Kommunistin
Eine einfache Frau, aus dem Volk, mit großem Mut
Von kleiner, zierlicher Gestalt & im Herzen die Revolution

Seit dem Frühjahr '33 kämpfte sie gegen den braunen Terror
Mit den Genossininen & Genossen aus 'm KJVD
Der war als "Freie Sport- & Wanderbewegung" getarnt
& sie war Verkäuferin bei EHAPE in Hamborn

'n Seifenstand auf der Jägerstraße war ihr Arbeitsplatz
Da wurde illegales Material des Widerstands verteilt
Sie brachten im Untergrund Flugblätter & KJVD-Zeitungen unter 's Volk
Riefen dazu auf, den Kriegshetzer Hitler zu stürzen

Sie half mit, Verstecke für gefährdete Genossinen & Genossen zu finden
die Flucht von ihnen zu organisieren
Schloss sich, wie ihre Genossinen & Genossen, bürgerlichen Vereinen an
um Arbeitsdienstler und Sportler für den Widerstand zu gewinnen

& als die Gruppe von der Gestapo aufgedeckt wurde
Das war zwischen Dezember '35 & April '36
Da verhängte im "Duisburger Jugendprozess" ein Sondergericht
Acht Jahre Zuchthaus, wegen Staatsgefährdung, gegen Martha Hadinsky

& die Haft die war so bitter & die Haft die war so hart
Da waren die Marter & die Erniedrigungen
Die die Menschen in den Zuchthäusern & KZ's erleiden mussten ...
Sie legte das Gelöbnis ab: Nie wieder Krieg & Faschismus !

Dann erwischte sie die Schwindsucht & das ganz mächtig schlimm
Da wurde sie nach sieben Jahren aus dem Zuchthaus entlassen
Sieben lange harte Jahre Zuchthaus, nur weil sie davor warnte
Was später kam & die ganze Welt ins Verderben stürzte

Aber selbst da kämpfte sie noch weiter, diese so mutige Frau
In schrecklichen Zeiten tat sie das, was sie tun konnte
Nahm Verbindung zu politischen Häftlingen auf
die im Bombenräumkommando Kalkum arbeiten mussten

Als der braune Terror dann endlich vorüber war
& Deutschland lag in Trümmern & Scherben
& so viele Millionen die waren verreckt ...
Sie blieb ihrem Gelöbnis treu: Nie wieder Krieg & Faschismus !

& so kämpfte sie weiter, 's war ihre moralische Pflicht
Für Verständigung ! & 'n gutes & gerechtes Deutschland
Gegen den kalten Krieg & gegen die Wiederbewaffnung
& es ging ganz schnell: Da war sie wieder eine "Staatsfeindin"

Als die KPD im August '56 verboten wurde
Da wurde sie erneut zur Verfolgten & Gejagten
1.000e Genossinen & Genossen wurden vor Gericht gezerrt & weg-gesperrt
& so viele Mörder erfreuten sich der Freiheit

Oh ja ..., die Justiz war wieder Handlager der Politik
Martha Hadinsky betreute ihre alte Mutter
& arbeitete weiter für ihre Ideale & ihre Partei
Immer die Verfolger & Häscher im Nacken

& im August '59, da stand sie wieder vor Gericht
Nur diesmal war 's angeblich demokratisch
Wurde zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt
Der Straftatbestand, man höre genau hin: Staatsgefährdung

& im Jahre 1960 verbrachte sie, wie zum Hohn, einen Teil der Haft
Im gleichen Gefängnis wie der KZ-Schlächter & Kriegsverbrecher Gustav Sorge
Der hatte unter anderem 18.000 sowjetische Gefangene umgebracht ...
& in der Bundeswehr dienten die alten Nazi-Offiziere

& nach zwei Dritteln der Strafe gab 's keine Bewährung
Das Gesuch des Anwalts wurde eiskalt abgelehnt
Auf Grund ihres Vorlebens, sei sie doch eine Unverbesserliche
Da hilft 's nur, wenn sie die Strafe restlos verbüsst

Nicht, dass man auf Menschen stolz war, die während der Nazizeit
Ihre Freiheit & ihr Leben einsetzten ...
Nein ..., das war jetzt ein straferschwerendes Vergehen
& sie litt doch immer noch unter den Folgen der Haft von damals

Als die Haftzeit dann vorbei war, am 9. November 1960 ...
Auch dieser Tag brachte ihr nicht die Freiheit
Denn man hatte sie zwischendurch als Zeugin geladen
Doch sie hatte ihre Genossinen & Genossen nicht verraten

Das gab dann 6 Monate Beugehaft obendrauf
& 25,-DM Strafe
& so viele Naziverbrecher die waren so schnell wieder draußen
& wieder ehrenwerte deutsche Demokraten

& als wäre ihr Schicksal nicht schon traurig genug
Oh nein ..., wen Deutschland hasst, der soll 's auch richtig spüren
Ihre 93,-DM Rente, die sie als Wiedergutmachung bekam
Wurde ihr schon seit acht Monaten entzogen

& dazu wurde noch die Forderung gestellt
Die erhaltene Rente zurückzuzahlen
Knapp 3.300,- ..., wie soll sie 's machen ...?! Wovon leben ...?!
Ach ..., du arme Martha Hadinsky ! & die alte Mutter immer noch alleine ...

...

Es ist das Jahr 1963
Da nimmt sich Martha Hadinsky das Leben
Eine einfache, mutige, aufrechte Frau ... !
Der deutsche "Rechtsstaat" hat sie umgebracht !

http://youtu.be/f4V7f8BQfKE

Sonntag, 27. April 2014

An das Publikum (Text: Kurt Tucholsky, 1931) - Christoph Holzhöfer

An das Publikum

O hochverehrtes Publikum,
sag mal: Bist du wirklich so dumm,
wie uns das an allen Tagen
alle Unternehmer sagen?
Jeder Direktor mit dickem Popo
spricht: "Das Publikum will es so!"
Jeder Filmfritze sagt: "Was soll ich machen?
Das Publikum wünscht diese zuckrigen Sachen!"
Jeder Verleger zuckt die Achseln und spricht:
"Gute Bücher gehn eben nicht!"
Sag mal, verehrtes Publikum:
Bist du wirklich so dumm?

So dumm, daß in Zeitungen, früh und spät,
immer weniger zu lesen steht?
Aus lauter Furcht, du könntest verletzt sein;
aus lauter Angst, es soll niemand verhetzt sein;
aus lauter Besorgnis, Müller und Cohn
könnten mit Abbestellung drohn?
Aus Bangigkeit, es käme am Ende
einer der zahllosen Reichsverbände
und protestierte und denunzierte
und demonstrierte und prozessierte...
Sag mal, verehrtes Publikum:
Bist du wirklich so dumm?

Ja dann...
Es lastet auf dieser Zeit
der Fluch der Mittelmässigkeit.
Hast du so einen schwachen Magen?
Kannst du keine Wahrheit vertragen?
Bist also nur ein Griesbrei-Fresser-?
Ja, dann...
Ja, dann verdienst dus nicht besser

Kurt Tucholsky, 1931

http://youtu.be/T8ECw_afLCM

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