Chronik (Text: Johannes R. Becher, um 1927) - Christoph Holzhöfer

Chronik (Text: Johannes R. Becher, um 1927)

Auf hartgesottnen Wegen
Kam ich zerlumpt daher.
Es hat nicht nur an mir gelegen.
Die Luft war dick und schwer.

Es war ein Traum, der narrte
Mich bis zum Irresein:
"Einst kommt der Tag! Ich warte.
Wir werden Brüder sein."

Ich stand vor den Fabriken.
Proletenvolk in Not!
Es war wie zum Ersticken.
Sie schrien laut nach Brot ...

Die Sonne kam ins Rollen.
O wilde Sommersglut!
Rings an den Bergen quollen
Die Wälder, schwarzes Blut.

Aus Licht mir wuchsen Schwingen.
Vom Glanz des Himmels blind,
Ich hörte singen
Wohl einen farbigen Wind.

Oft wacht' ich auf. Ich lauschte,
Wie ich mit mir selber sprach.
Wer bin ich, wer? Ich rief mich.
Ich rief umsonst danach.

Und eines Tags - August -
Es waren heiße Wochen -,
Da kamen Leute, schrien:
"Der Krieg ist ausgebrochen!"

Sie gingen Arm in Arm.
Es hallten Tal und Höhen:
" - die Vögelein im Walde --
- da gibt 's ein Wiedersehen ..."

Bald trug ich ein Gewehr.
Ein roter Rosenstrauß
Stak oben an der Mündung.
Nachts zogen wir hinaus.

Erst Straßen lang und Straßen,
Dann ging es querfeldein.
Im helllen Mond wir sangen:
"Zum Rhein, zum deutschen Rhein ..."

Es hat gelacht ein Lachen.
Die Erde platzte auf.
Ein rotes Krachen
Ging die Sonne auf.

Ein abgerissener Kopf
Kollerte uns in den Graben.
Zehntausend waren 's an diesem Tag,
Die wir begraben haben.

Es hat gelacht mit Schüssen,
Mit Blut gelacht und Kot.
Ich hab mich hingeschmissen:
"Proletenvolk in Not!"

Ich schluckte Gas. Ich juckte
Mir wund die ganze Haut.
Ich spuckte Blut. Ich spuckte
Mich selbst vor Ekel aus.

Vier Tage, vier Nächte im Stacheldraht.
Schrie einer. Wir hörten nicht hin.
Als es November achtzehn war,
Da wußte ich, wer ich bin.

http://youtu.be/rvNQ3cwDnSA

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